Räumung und skandalöser Teilabriss der Brinkstr. 16-17
Greifswald, 21.11.2014, 15:30 Uhr
Gestern gegen 9.30 Uhr begannen über 100 Polizist*innen die Hausbesetzung in der Brinkstraße 16-17 in Greifswald zu räumen. Obwohl sich gegen 16 Uhr immer noch über 15 Menschen im Bioladen im Vorderhaus aufhielten ließ der Eigentümer Herr Roman Schmidt die hinteren Gebäudeteile abreißen. Durch das teilweise rücksichtslose Vorgehen der Bauarbeiter*innen wurden Teile des Vorderhaus beschädigt und die Statik des 158-jährigen Gebäudes gefährdet. Eine unkontrollierte Baggerbewegung mehr und Menschen hätten durch einstürzende Wände oder Decken im Vorderhaus verletzt werden oder gar zu Tode kommen können. Ein Sprecher der Bürgerinitiative „Brinke16-17 erhalten!“ dazu: „Der Eigentümer hat mit dem Abriss unter diesen Umständen Menschenleben aufs Spiel gesetzt, um seine wirtschaftlichen Einzelinteressen durchzusetzen. Dieses gefährliche Vorgehen von Herrn Schmidt und seinen Bauarbeiter*innen kann nicht mehr mit Eigentümerrechten gerechtfertigt werden, sondern zeugt von einer Skrupellosigkeit, die alle Zuschauer des Abrisses zutiefst schockiert hat. Die Initiative prüft nun rechtliche Schritte gegen Herrn Schmidt und das Abrissunternehmen.“
Dass der Abriss überhaupt auf diese Weise stattfinden konnte, wurde auch durch das Verhalten und die schlechte Informationslage der Polizei begünstigt. So wurden Hinweise, dass sich noch Menschen in dem Haus befinden, erst nach mehrmaligen wiederholen ernst genommen. Der Abriss eines Lagerraums des Bioladens, konnte erst in letzter Sekunde durch die wiederholte Beschwerde bei der Polizei und deren Einwirken auf den Baggerführer gestoppt werden. Selbst die Polizeieinsatzleitung gab zu, dass sie von der Vorgehensweise beim Abriss überrascht wurde und das die Absprachen mit Herrn Schmidt ungenügend waren.
Des Weiteren fand der Abriss statt, obwohl beim Eintreffen der Polizei ein Widerspruch gegen die Abrissgenehmigung und ein Schreiben über die Aussetzung des Abrisses überreicht und an das Amtsgericht gefaxt wurde. Dieser wurde in kürzester Zeit als nicht aufschiebend für den Abriss beurteilt. Aus Sicht der Initiative hätte die Polizei die Räumung und den Abriss aussetzen müssen, um eine gewissenhafte Prüfung der Unterlagen zu gewährleisten. Anstelle dessen ging die Polizei das Risiko ein, dass sie einen Abriss durchsetzt, der sich durch eine nachträgliche Prüfung als nicht rechtmäßig herausstellt.
Das Verhalten der Polizei bei der Räumung der Hausbesetzer*innen, aber auch im Umgang mit der rechtmäßigen Demonstration direkt vor dem Haus beurteilt die Initiative als teilweise fahrlässig, eskalierend und wahrscheinlich rechtswidrig. „Die Polizei hat unsere, aber auch von anderen Personen wichtigen Hinweise und Anliegen teilweise nicht nur ignoriert und unzureichend geprüft, sondern sich auch darüber lustig gemacht“, so ein Sprecher der Bürgerinitiative. Zudem hinderte die Polizei ankommende Demonstrierenden während der Räumung am Zugang zur Mahnwache vor dem Haus, was laut des Arbeitskreises kritischer Juristen (AkJ) ein Verstoß gegen das Versammlungsrecht ist: „Die polizeiliche Begründung lautete, dass die Teilnahme an der Mahnwache mit hohen Risiken durch die Baumaßnahmen verbunden sei. Die Teilnahme an der Mahnwache war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht gefährlich, denn zum besagten Zeitpunkt befanden sich noch Besetzer_innen im Gebäude, sodass gar keine Abrissmaßnahmen getroffen hätten werden konnten. Auch der Zugang zu einer Demonstration ist durch das Grundgesetz geschützt.“
Die Erlebnisse zum gestrigen Tag und das weitere Vorgehen der Initiative fasste ein Sprecher wie folgt zusammen: „Wir und unsere Unterstützer*innen haben gestern viel gelitten. Es ist schlimm machtlos zusehen zu müssen, wie aufgrund des wirtschaftlichen Interesses eines Einzelnen, ein Haus abgerissen wird, mit dem so viele Menschen Erinnerungen und Hoffnungen verbunden haben. Für das sogar einige Menschen, wie die Hausbesetzer*innen, bereit sind, juristische und gesundheitliche Folgen in Kauf zu nehmen. Gleichzeitig ist es unglaublich beflügelnd, wenn sich am Ende eines solchen Tages über 40 Menschen zusammensetzen, um über ihre Erlebnisse zu berichten und um zu überlegen, wie wir weitermachen können. Denn weitermachen werden die Initiative, der Bioladen und unsere Unterstützer*innen auf jeden Fall!”
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